Harald Schume über WauWau

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SELBST & STÄNDIG. Von Harald Schume

Das „Wiener Journal“ begibt sich regelmäßig auf Arbeitssuche und hört sich bei außergewöhnlichen Menschen um, die den Sprung in die Selbständigkeit gewagt haben. Heute: Thomas Kreuz produziert Pfeffermühlen. Er selbst hat immer eine in der Tasche. Weil ihm das „ung’sunde Niespulver“ in den Restaurants auf die Nerven geht.

Getrocknete Schweinsohren? Beißkörbe? Quietschende PlüschGiraffen? Obwohl das Geschäft von Thomas Kreuz, das nur auf den ersten Blick aussieht wie eine oberflächlich zusammengekehrte Werkstatt, „WauWau“ heißt, hat es mit Hundezubehör nix am Hut. „Es musste ein kurzer Name sein, den sich jedes Kind merkt“, sagt der 45-Jährige, „einer, der österreichisch klingt. Und die InternetDomain musste noch frei sein.

“Pfeffermühlen produziert der gelernte Goldschmied, der nach der Lehre an der Angewandten Produktgestaltung studierte. „Jedes Semester mussten wir uns einem Schwerpunkt widmen. Der Professor sagte: Macht’s, was ihr wollt!, und so tüftelte ich an einer Pfeffermühle aus Porzellan, die sich sehr gut verkauft hat“, sagt Kreuz. „Ich dachte mir: Aha, dieses Produkt ist interessant! Und dann bin ich auf Holz umgestiegen. Bei diesem Material kann man einfacher Dinge adaptieren, und es ist kostengünstiger.“

2009 sperrte er den Laden Ecke Westbahnstraße/Hermanngasse im 7. Bezirk auf. Gedrechselt wird im niederösterreichischen Haugsdorf. „Ich mache ein Modell, verändere und bastle so lange, bis ich glaube, dass es passen könnte. Wenn eine Mühle schließlich funktioniert, produziere ich eine Kleinserie, maximal fünfzehn Stück. Wenn sie gut ankommt, verändere ich manchmal Kleinigkeiten, und dann geht sie in Serie”, sagt Kreuz, der das Mahlwerk in Wien einbaut. Das wird in der Schweiz gefertigt, von einem Familienbetrieb. Das Besondere ist, dass der Mahlgrad an der Unterseite der Mühle eingestellt werden kann, nicht wie bei herkömmlichen am Kopf, was unweigerlich dazu führt, dass er sich durch die Drehbewegung permanent verstellt.

„Ein Mahlwerk ist sehr einfach, aber aufwendig“, sagt der Meister, „ein kleines Präzisionsgerät. Es ist aus gehärtetem Edelstahl und schneidet die Körner.“ Im Gegensatz zum Chili-Mahlwerk für seine Mühlen, das der Wiener entwickelt hat. „Chili ist ölhältiger als Pfeffer und wird zerrissen, nicht gemahlen. So entstehen Flocken.“ Gleich einem Ritterschlag fragten die Schweizer an, ob sie denn das Chili-Mahlwerk in Lizenz produzieren dürfen. – Sie dürfen. Die Bestseller sind aus WalnussHolz, geölt und 25 cm hoch. Beliebt sind auch Eiche, Buche, Esche, Kirsche. Und Sonderanfertigungen.

„Es kommen Kunden mit einem Stück ihres Lieblingsbaumes und wollen, dass ich daraus eine Pfeffermühle mache“, sagt Kreuz. Aber: „Die Kunst des Trocknens ist schwierig. Und das Holz darf keine Risse haben.“ Besonders stolz ist der Produktdesigner auf seine einzigartige Reise-Pfeffermühle aus Aluminium, die er vor einem Jahr ins Leben gerufen hat: nur 7 Zentimeter hoch, mit einem Durchmesser von 4,5 Zentimetern und einem verschraubbaren Boden. Es gibt tatsächlich Leute, die sich ihre Pfeffermühle ins Restaurant mitnehmen. Zumindest 30, denn so viele wurden verkauft, sogar bis nach New York. „Ich habe meine immer dabei“, sagt Kreuz, „ich verwende Bio-Pfeffer, weil im handelsüblichen ist unglaublich viel Klumpert drin. Ich habe mich jedes Mal geärgert, wenn ich dieses Niespulver im Lokal verwenden musste.“

Die Reise-Chilimühle kostet 135 Euro, das ist bei „WauWau“ mittelpreisig. Los geht’s bei 52 Euro, die teuersten Stücke kommen auf 368 Euro. Aber. . . Aber die haben’s in sich, äußerlich. Stoyan Dobrev heißt der Mann, der sie bemalt. Für Touristen ist Mozart drauf, oder das Riesenrad, klingt wenig nach Kunst, ist auch keine. Dafür sind jene Pfeffermühlen mit Werwolf, Moby Dick, Dracula oder Adam & Eva kurz vor dem Sündenfall eine kleine Sensation.

„Am Anfang habe ich noch gefragt: Wer soll so was kaufen?“, sagt Kreuz, „jetzt sind die Stücke aus dem Sortiment nicht mehr wegzudenken.“ Im Gegensatz zu den meterlangen Monstern, die in so genannten guten Restaurants von den Obern verwendet werden, um die Distanz zum Gast zu wahren. „Diese Pfeffermühlen sind total aus der Mode gekommen“, sagt Kreuz. „Man ist dazu übergegangen, auf jeden Tisch eine zu stellen.“ Wissend, dass mit Schwund zu rechnen ist, weil so mancher Gast… Aber das ist eine bösartige Unterstellung. Erfahrungsgemäß sind die Kunden zwischen 35 und 50 Jahre alt. Was den Hausherrn wundert, in seinem Reich der unverputzen Wände: Dass sich auch konservative Leute herein trauen. „Aber das sind eben auch solche, die Wert auf Qualität legen.“ Eine Pfeffermühle muss gut funktionieren. Und sie muss lange funktionieren.